Elena Saranina

Elena Saranina

[die Mitgliedschaft ruht seit dem 14.03.2022]

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elena.saranina[at]igk1956.uni-freiburg.de

Projekt

Literarisierung der Moskauer Schauprozesse in ausgewÀhlten Texten deutschsprachiger Autoren

In den 1930er Jahren erregte das gesellschaftliche Experiment des Aufbaus des Sozialismus weltweit großes Interesse und die UdSSR wurde von vielen westlichen Intellektuellen besucht, darunter auch von deutschsprachigen Schriftstellern, deren Erfahrung mit dem Aufenthalt in der UdSSR einer der wichtigsten Punkte dieses Projektes ist. Allerdings waren nicht alle mit dem zufrieden, was sie erfuhren, viele waren vom politischen Regime und den durchgefĂŒhrten Schauprozessen, enttĂ€uscht. 

Die Zeit der 1930er Jahre in der UdSSR ist durch eine Spaltung der RealitĂ€t zu charakterisieren: einerseits empfand man die Erfolge der Entstehung der neuen Gesellschaft, andererseits wurde mit den massenhaften SĂ€uberungen begonnen, die ihren Höhepunkt im Jahr 1937 fanden. Ideologische ‚SĂ€uberungen‘ wurden mittels intensivster Propaganda vollzogen, durch welche das menschliche Bewusstsein neu ausgerichtet werden sollte und all jene, die davon als „Andersdenkende“ abwichen, physisch liquidiert wurden. Eines der Instrumente dafĂŒr waren die Schauprozesse. Zwischen 1936-1938 wurden die drei grĂ¶ĂŸten Moskauer Schauprozesse durchgefĂŒhrt. Die Prozesse vereinten zwei Aspekte der „SĂ€uberung“: die physische Vernichtung durch die Verurteilung der Angeklagten zum Tod durch Erschießung sowie eine Prozessdramaturgie, die darauf abzielte, die Menschenmassen anhand des Hasses gegenĂŒber den „Volksfeinden“ zu vereinigen.

Die Moskauer Schauprozesse fielen durch die Grausamkeit der Urteile auf und die AbsurditĂ€t dessen, was sich im Gerichtssaal abspielte. So gingen sie in die Geschichte ein. Die Reaktion auf die Prozesse seitens der westlichen Intellektuellen folgte auf dieselbe verblĂŒffende Art und Weise: erstaunliche Zustimmung mit den Geschehnissen bei den einen sowie Wut und scharfe Empörung bei den anderen. Wie bereits erwĂ€hnt, beunruhigten die Ereignisse der Moskauer Prozesse die Öffentlichkeit nicht nur innerhalb der Sowjetunion, sondern auch ĂŒber deren Grenzen hinaus. Folglich, wurden die Moskauer Schauprozesse zum Denkanstoß und zum Material fĂŒr viele deutschsprachige Autoren. Ihre Texte wiederum sind unmittelbarer Gegenstand der Untersuchung, da sie diese Ereignisse in schriftlicher Form aufbewahrt haben: Arthur Koestlers Sonnenfinsternis (1941), Heinrich Manns Ein Zeitalter wird besichtigt (1946), Lion Feuchtwangers Moskau 1937. Ein Reisebericht fĂŒr meine Freunde (1937), Andre Gides ZurĂŒck aus Sowjetrussland (1936) und, nicht unbedeutend, ein Text, der die Ereignisse aus heutiger Perspektive betrachtet – Eugen Ruges Metropol (2019).

Dieses Projekt konzentriert sich auf die Untersuchung dieses historischen PhĂ€nomens des Stalinismus, da die Diskussionen um die Moskauer Prozesse noch immer andauern und ein weites Feld fĂŒr Untersuchungen aus verschiedenen Perspektiven bieten. Das Projekt versucht insbesondere diese historische Phase zu untersuchen, aber nicht, um ĂŒber die historische Wahrheit zu urteilen, sondern sich auf die Ă€sthetischen und literarischen Merkmale der narrativen BewĂ€ltigung dieses Ereignisses in kĂŒnstlerischen Formen zu konzentrieren

 Davon ausgehend versucht das Projekt solche Fragen beantworten, wie: Was war die Voraussetzung dafĂŒr, dass die Autoren ihre Texte so geschrieben haben, wie sie es getan hatten? Auf welche Weise haben die Autoren die Ereignisse wahrgenommen und aufgearbeitet? Welche Darstellungsmittel liegen der Textproduktion allgemein zugrunde? Welche narrativen Strategien setzten die Autoren ein? Auf welche Weise wird aus diesen Ereignissen Literatur geschaffen?

Das Projekt strebt auch an, einen Beitrag zur Erforschung des russisch-deutschen Transfers zu leisten, daher konzentriert sich die Untersuchung auf die Reaktionen westlicher Schriftsteller und das Textkorpus besteht ĂŒberwiegend aus Werken deutschsprachiger Autoren.

 

Betreuungsteam:
Prof. Dr. Dirk Kemper (Erstbetreuer)

Prof. Dr. Elisabeth Cheauré
Prof. Dr. Dietmar Neutatz

 

Vita

Seit MĂ€rz 2022

Gastwissenschaftlerin im GRK 1956 bzw. Studierende an der ALU, DAAD-Stipendiatin

Seit Oktober 2020
Doktorandin im IGK 1956 „Kulturtransfer und ‚kulturelle IdentitĂ€t‘ ‒ Deutsch-russische Kontakte im europĂ€ischen Kontext“

15.10.2019 – 15.02.2020
Auslandsemester an der Albert-Ludwigs-UniversitÀt Freiburg i. Br., Deutschland
Fach: Russlandstudien. Literatur, Geschichte und deutsch-russischer Kulturkontakt

01.04.2019 – 31.05.2019
Praktikum beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), Außenstelle Moskau; Aufgaben beim Praktikum: Erstellung von Tagungsunterlagen und TeilnahmebestĂ€tigungen fĂŒr XXXVI. DAAD-Germanistikkonferenz, Textredaktion fĂŒr soziale Medien.

Masterstudium
09.2018 – 06.2020
Russische StaatsuniversitĂ€t fĂŒr Geisteswissenschaften /RGGU Moskau, Russland
Masterprogramm Internationale Literaturwissenschaft: Deutsch-russischer Transfer
Abschlussarbeit: Lion Feuchtwangers Moskau 1937. Ein Reisebericht fĂŒr meine Freunde zwischen Reisebericht und Propaganda

Bachelorstudium
09.2013 – 06.2018
Transbaikalische Staatliche UniversitÀt Tschita, Russland
„Lehrerbildung (fremde Sprachen)“
Abschlussarbeit: Audiovisuelle Unterrichtsmittel beim Hörverstehen (basierend auf dem Material deutscher Bildungswebseiten: Deutsche Welle, Deutsch fĂŒr dich, Deutsch Musik Blog)

 

 

Publikationen

Saranina, Elena. Reisebericht oder Propaganda? Eine kritische Untersuchung der Entstehungsgeschichte von Lion Feuchtwangers Moskau 1937. In: BexĐž – Milestones – Meilensteine. Literaturwissenschaft International: Freiburg – Moskau – St. Petersburg. 19. Symposium am Slavischen Seminar an der UniversitĂ€t Freiburg. Moskau, 2020. S. 17-22.